Inga, die Hauptperson, lebt mit ihrem Mann, dem Milchbauern Reynir, auf einem Hof im Nordwesten Islands. Nicht zufällig beginnt der Film mit der Geburt eines Kalbs – ein Zeichen von Neuanfang und Hoffnung. Inga leistet entschlossen Geburtshilfe und betrachtet liebevoll das neugeborene Kalb. Wir sehen gleich, Inga ist willensstark und leidenschaftlich. Gute Voraussetzungen, um nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes den verschuldeten Hof alleine weiter zu bewirtschaften, obwohl sie eigentlich von einem ganz anderen Leben träumt. Doch als sie entdeckt, dass die Verschuldung des Hofes auf dunkle Machenschaften in der lokalen Bauernkooperative – Kaupfélag Erpsfirðinga – zurückzuführen ist, die ihre Monopolstellung gnadenlos ausnutzt und durch Drohungen und Erpressung aufrecht erhält, nimmt sie mutig und kreativ den Kampf gegen die Mächtigen auf.
Vorbild ist die 1889 gegründete Bauernkooperative der Gemeinde Skagafjörður (Kaupfélag Skagfirðinga), die im letzten Jahr ihr 130-jähriges Bestehen feierte. Der Regisseur hat vor Ort recherchiert und zunächst dort einen Dokumentarfilm geplant. Doch es erwies sich als äußerst schwierig, jemanden vor die Kamera zu bekommen, kaum jemand wollte namentlich genannt werden. So entschied er sich für einen Spielfilm. Inspiriert zu seiner Hauptfigur Inga wurde er durch die von Steinnun Sigurðardóttir porträtierte Schafbäuerin Heiða und ihren Kampf gegen den Bau eines großen Staudamms auf ihrem Land. Wie Heiða ist auch Inga eine starke Frau, deren Kampf weit über die eigene Betroffenheit hinausgeht. Die Hauptdarstellerin Arndís Hrönn Egilsdóttir spielt die Figur der eigenwilligen, verletzlichen Inga überzeugend.
Wie schon im Film „Sture Böcke“ wird wenig gesprochen. Dafür sprechen die Bilder für sich. Die Kamera nimmt sich Zeit, das Geschehen auf den Gesichtern der handelnden Personen abzulesen. Ein ruhiger, trotzdem spannender und sehr isländischer Film, mit überraschendem Ende. Sehr empfehlenswert und großes Kinovergnügen.
Gezeigt wurde der Film auf dem Filmfestival in Toronto und beim Hamburger Filmfest 2019 (siehe unten).
Originaltitel: Heraðið / AT: The County
ISL, DK, F, D 2019 | 92 min | OMU
Regie und Drehbuch: Grímur Hákonarson
Besetzung: Arndís Hrönn Egilsdóttir, Hinrik Ólafsson, Sigurður Sigurjónsson, Hannes Óli Ágústsson
Produktion: Netop Films; One Two Films
Vorstellungen ab Donnerstag, den 9.1.2020 in Hamburg um 19:15 Uhr im Kino 3001 oder in Lüneburg um 19:00 Uhr im Scala Programmkino.